Dank für ein stummes Herz aus Müll
Noch stehen sie da im Herzen von Monschau. Stumm, klaglos. Im Sonnenschein und Regen. Begafft, bestaunt, beobachtet, berochen, umarmt und endlos oft fotografiert – einzeln, in Gruppen, als Panorama, von oben, von unten, bunt, scharz-weiß; neben Bürgern, Prominenz und Touristen, digital und bestimmt sogar noch auf Film. Und die Presse berichtet was die Monschauer aus HA Schults Aktion so alles herausholen.
Die Kritiker an HA Schults Aktion „Monschau Mon Amour“ sind zum Glück längst verstummt oder sind keine meiner Facebook-Freunde (mehr). Die Trash People, in ihrem stummen Dasein und speziellem Charme haben viele Bürger von Monschau einfach um den Finger gewickelt. In ihrem stillen Protest gegen unsere Wegwerfgesellschaft, kunstvoll in Reih und Glied zusammen gestellt, sind die „Trashis“ nett anzusehen. Machen selbst keinen Schmutz und Lärm. Sind nette Mitbürger, zwar nur „Zugezogene“ wie der Autor, aber wer will hier kleinlich sein.
Die Auseinandersetzung
Der Künstler betrachtet wohlwollend das Treiben und genießt was wir so alles in seine Kunst deuten. Was wir mit ihr anstellen, wie wir uns an ihr reiben und uns mit ihr schmücken – unseren Eigennutz in der Aktion suchen, ja sogar einfordern. Uns feist mit Müll ablichten – Teil des Konzepts.
Die Trash People geben Monschau viel. Viel mehr als man auf den ersten Blick sieht. Monschau in einer Liste mit Barcelona, der Chinesischen Mauer und dem Roten Platz. Vom Roten Platz zum Roten Haus. Wieviele Russen sich wohl gerade fragen wo „ihre“ Trash People gerade sind und sich wundern wie viele Millionen Einwohner Monschau wohl hat. Und warum Monschau für HA Schult für den Augenblick wichtiger ist als z.B. Berlin.
Ein erster Versuch zu Danken
Als gute Gastgeber könnten wir den Trashis ein Gastgeschenk mitgeben. Wie wäre es mit einem eigenen Vornamen für jeden Einzelnen. Was so einfach klingt hat doch unzählige Untiefen. Trotzdem: Mut zur Tat und frisch ans Werk…
Wie tauft man Trash People politisch korrekt?
Als erstes stellt sich die Frage nach dem Geschlecht. Männlein oder Weiblein? Man könnte es sich einfach machen und sagen: Halbe-Halbe nach einer Art Arche-Prinzip.
Bei der nächsten Sintflut könnten die Trash People dann auch gleich mit uns fahren. Wo immer wir auch landen, wir bringen unseren Müll mit. Praktisch für die ersten Jahre bis wieder all das aufgebaut ist, was neuen Müll erzeugen kann. Das Eingewöhnen an das Neue fällt uns dann leichter. Wie einem Tierheimbewohner, der sein Lieblingsspielzeug ins neue Zuhause mitnehmen darf – naja – so ähnlich.
Aber es sind nun einmal 201 Trash People. Zum Glück keine 199 – eine Primzahl – was „Probleme“ ohne Ende bedeuten könnte. Zumindest wenn man an German Angst erkrankt ist. Aber auch so schon nicht durch zwei teilbar. Vielleicht ganz korrekt in 100 Männer und 100 Frauen und ein Hermaphrodit aufteilen?
Die Qual der Wahl
Oder aber nach dem Anteil der Weltbevölkerung zuweisen. Da müsste man dann gleich auch die Namen entsprechend auswählen. Aber dann hätten ein Drittel der Trash People Chinesische oder Indische Namen. Nicht besonders „monschauhaft“.
Oder man könnte die Müllverursacherstatistik bemühen. Oder aber die Recyclingquote. Hier wären dann Monschauer wieder vorne mit dabei. Der Restmüll wird hier gewogen und berechnet. Alles was auch nur einen Rest von einem grünen Punkt aufweist landet sicher in der Gelben Tonne zur Wiederverwertung. Haben wir hier etwa schon ein „Bingo“?
Braucht Müll wirklich ein Gastgeschenk?
Nein, denn hier muss ich erst einmal eine Vollbremsung hinlegen. Wozu brauchen die Trashis überhaupt ein Gastgeschenk? Die stehen doch nur herum und sagen nichts. Ja, ein großer Dank für Monschau Mon Amour ist wichtig, nötig, angebracht – lediglich die Adressaten gehören getauscht.
In den USA sagt man: Tu Gutes und sprich darüber. Es ist nicht einfach etwas Gutes zu finden, das auf breite Zustimmung trifft, wie man an dem Versuch der Trash People-Taufe sieht. Die Initiatoren, allen voran Helmut Lanio und Dorit Schlieper, ernten gerade von mir eine Riesenportion selbst erlebtes Mitgefühl. Man kann es nicht allen recht machen. Unmöglich Kunst und Kommerz zu verschmelzen. Den Erfolg in Heller und Pfennig messen.
Wenn man es nicht allen recht machen kann, dann also doch lieber nichts machen – Jammern ist nichts getan – und warten bis jemand anderes was macht? Oder zumindestens einfach mal laut und ehrlich Danke sagen:
Danke an alle, die Monschau Mon Amour möglich gemacht haben. Jenen, die mitgeholfen, gespendet und ehrenamtlich tätig waren. Die den Gegenwind aller Kritiker, Nörgler, Pessimisten und „Rechenschiebern“ getrotzt haben. Und natürlich dem Team um HA Schult, das an Monschau Mon Amour glaubt.
Danke!
Was wohl die Trash People denken?
Dem Marktplatz von Monschau wird ohne Trash People etwas fehlen. Die Müllleute werden uns nicht vermissen. Auch ohne Namen stehen sie geduldig da und warten auf ihr Recycling in der nächsten Stadt.
Am 3. November ist es leider soweit und sie reisen weiter. In der Vergangenheit wurde die Aktion nicht überall so liebevoll angenommen wie in Monschau. In Gorleben wurden Trash People sogar entführt und aufgeknüpft. Auch das ist ihnen egal.
Lebt wohl und berichtet auch von den netten Monschauern
Ich hoffe aber sie treffen wieder auf so nette Menschen wie hier in Monschau. Die sie begaffen, bestaunen, beobachten, beriechen, umarmen und endlos oft fotografieren.
Auf sie warten hoffentlich weitere freudig lächelnde Initiatoren, Bürgermeister und Bürger, die etwas wagen, etwas machen, etwas bewegen wollen und sich damit – völlig zu recht – auch ein wenig schmücken dürfen. Die Aktion schmückt uns letztlich alle.
Ich wünsche den Trashis Menschen, die langfristig etwas Gutes für ihre Heimat wollen.
tl;dnr
Dank an die Initiatoren von Monschau Mon Amour.